Förderpreis "Wilde Alpen" 2018

Preisträger Ulrich Wotschikowsky

Die Alpen und auch die bayerischen Gebietsanteile waren und sind für das Überleben zahlreicher bedrohter Tier- und Pflanzenarten in Europa von zentraler Bedeutung. Das Wortspiel "Wilde Alpen" für unseren neuen Förderpreis soll dabei die ganze Breite der Debatte spiegeln: Denn die Alpen sind in den allermeisten Bereichen nicht Wildnis, sondern eine jahrtausendalte Kulturlandschaft mit einer langen Tradition der Koexistenz von Menschen, alpiner Land- und Viehwirtschaft und Wildtieren – sicher auch früher nicht ohne Konflikte – aber auch ohne die vollständige Ausrottung von tierischen Konkurrenten. Erst vor kurzer Zeit wurde aber dort alles, was irgendwie, irgendwen, aus irgendwelchen Gründen störte oder sich nicht (ausreichend) rentierte, aufgegeben oder entfernt: Adler, Luchse, Bären, aber auch traditionelle Wirtschaftsformen und altes Kulturgut wie lokale Nutztierrassen, der Schutz der Herden mit lokalen Schutzhundezuchten und entsprechend fachkundigen Hirten.

Manche Wildtierarten haben sich aber aufgrund strenger nationaler und internationaler Schutzgesetze erholt und sind wie wie der Steinadler in ihre ursprüngliche Heimat zurückgekehrt, andere stehe in den Startlöchern. Beim Luchs ist es leider noch nicht so weit. Die Einwanderung oder gezielte Wiederansiedlungsprojekte für diese diese faszinierenden Tierart in ihrer ursprünglichen Heimat bieten die einmalige Chance, Anschluss an die internationalen Bemühungen zum Schutz des Naturerbes zu finden.

Ulrich Wotschikowsky erhält daher den ersten Förderpreis in der für die Premiere ausgeschriebenen Kategorie Luchsschutz. Wie kaum jemand meldet er sich seit vielen Jahren kompetent und engagiert zu Wort, um eine Rückkehr dieser europaweit bedrohten Raubkatze auch nach Bayern zu ermöglichen und starre, festgefahrene Strukturen in Frage zu stellen, die das verhindern. Dabei scheut er nicht, politische Defizite und teilweise haarsträubende naturschutzfachliche Fehler von Bedenkenträgern aufzudecken und mit wildbiologischer Kompetenz und großem Engagement zu kontern. Als passionierter Jäger und Verfechter einer modernen, an heutigen gesellschaftlichen und ökologischen Anforderungen ausgerichteten Jagd ist er eine der wenigen Personen, die mit Positionen und Argumenten auch bei Jägern, Jagdgenossenschaften und Waldbauern gehört und respektiert wird – eine zwingende Voraussetzung zur Akzeptanzbildung für diese Art außerhalb der engeren Naturschutzszene.

So brachte er die seit vielen Jahren in Bayern auf Eis liegende Debatte um ambitionierte Luchsschutzprojekte mit seinem Statement  "Lasst ihn wiederkommen" bei der Podiumsdiskussion Luchs 2015 erstmalig wieder in Fahrt. Er scheute sich dabei nicht, den jahrzehntelange Stillstand bei diesem Thema klar auszusprechen und Ross und Reiter zu nennen.

Mit seinem im Anschluss für den Bund Naturschutz ausgearbeitetem Memorandum legte er für viele Jahre die fachliche und naturschutzpolitische Grundlage für den Luchsschutz in Bayern und setzt darin Maßstäbe, an denen sich Politik, Behörden, aber auch Naturschutzinitiativen messen lassen müssen.

Neben dem langjährigem und größtenteils ehrenamtlichen Engagement für den Luchs in Bayern meldet er sich auch bei anderen Themen zu Wort. Er ist einer der wenigen, die sich trauen und die nötige wildbiologische Kompetenz besitzen, um bei politisierten Wildtierthemen biologische Fakten und Wahrheiten (auch wenn sie für manche unangenehm sind) offen und ohne Blick auf Verbandsinteressen, romantische Verklärungen oder Wählerpotentiale vorzutragen. Das gefällt nicht jedem und muss es auch nicht, ist aber immer Grundlage für konstruktive und produktive Debatten.

Ob Wildtiere wie der Luchs bei uns leben dürfen, entscheiden in einer demokratischen Gesellschaft letztendlich wir alle. Voraussetzung dafür aber ist, dass es Menschen wie Ulrich Wotschikowsky gibt.

Claus Obermeier