Presseinformation 13.07.06

Förderpreise für vier Nachwuchswissenschaftler

Die Förderpreise sollen die Bearbeitung von Natur- und Umweltschutzthemen fördern – Preisgeld je 2500 Euro


München, 13.7.06. Am 13. Juli wurden zum fünften Mal die Förderpreise Wissenschaft der Gregor Louisoder Umweltstiftung für Studenten in umwelt- bzw. naturschutzrelevanten Studiengängen verliehen. Jeweils 2500 Euro Preisgeld erhielten die Verfasser der ausgezeichneten Diplomarbeiten Isabella Haidle (Gemeinschaftsbewerbung mit Christoph Arndt, "Urbane Gärten in Buenos Aires"), Inga Krämer ("Verrohrte Fliessgewässer - mögliche Lösungen und deren ökonomische Auswirkungen im Peeneeinzugsgebiet") und Till Töpfer ("Energetische Verwertbarkeit von Nadeln eingebürgerter Koniferenarten als Winternahrung des Auerhuhnes"). Im Anhang finden Sie Kurzinformationen zu den prämierten Arbeiten und die Laudatio.

Mit den „Förderpreisen Wissenschaft“ will die Stiftung Nachwuchswissenschaftler ermutigen, gerade auch Themen und Problemfelder zu bearbeiten, die nicht automatisch eine Industriekarriere oder Begeisterung bei potentiellen Arbeitgebern in der Verwaltung versprechen. „Gerade der Natur- und Umweltschutz braucht in Zukunft mehr denn je qualifizierte und engagierte Wissenschaftler, die nicht nur auf eine möglichst schnelle Karriere in der Industrie starren, sondern sich für eine nachhaltige und ökologische Entwicklung engagieren. Der Grundstein dafür wird spätestens bei der Wahl des Diplomarbeitsthemas gelegt“, so Claus Obermeier, Vorstandsvorsitzender der Stiftung bei der Vorstellung der Preisträger im Münchner Eden Hotel Wolff. Im einzelnen werden die Förderpreise für Abschlussarbeiten in den Studienschwerpunkten Biologie / Geo- und Umweltwissenschaften, Forst- und Agrarwissenschaften und Wirtschaftswissenschaften vergeben. Weitere Informationen enthält die Ausschreibung.

Die Jury bestand aus Dr. Manuel Schneider (Projektbüro make sense), Dipl. Geogr. Claus Obermeier und Dipl. Kaufmann Bernd Louisoder.

Weitere Informationen zur Gregor Louisoder Umweltstiftung
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Isabella Haidle & Christoph Arndt

Urbane Gärten in Buenos Aires

 

Gemeinschaftsdiplomarbeit in den Studiengängen Stadt- und Regionalplanung sowie Landschaftsplanung an der Technischen Universität Berlin – 2004


Nicht nur auf dem Land, auch in den großen Städten werden Gartenbau und Landwirtschaft betrieben. Auf Brachen, Siedlungslücken, öffentlichem Grund und Boden oder etwa in Hausgärten bauen die Menschen für den eigenen Gebrauch Gemüse, Obst- und Feldfrüchte an: ein weltweites Phänomen, das man in New York ebenso wie in Buenos Aires, in Berlin wie in New Delhi beobachten kann. Urbane Gärten entstehen meist aus einer ökonomischen Notlage heraus und dienen primär der Sicherung und Ergänzung der eigenen Ernährung. „Kultiviert“ wird jedoch oft mehr als nur ökologisches Gemüse. Nicht selten ist das Arbeiten in den Gärten auch mit sozialen, kulturellen und politischen Zielen verbunden.

Am Beispiel der urbanen Gärten in Buenos Aires gehen Isabella Haidle und Christoph Arndt in ihrer Diplomarbeit diesem Zusammenhang nach. Die Studie hatte zunächst das Ziel, die lokale Ausformung und Verbreitung der urbanen Landwirtschaft in Buenos Aires zu untersuchen, in der es seit den 1980er Jahren einen regelrechten „Gartenboom“ zu verzeichnen gibt. In der argentinischen Hauptstadtmetropole mit ihren elf Millionen Einwohnern werden mittlerweile rund 100.000 Nutzgärten bewirtschaftet.

Die argentinische „Gartenbewegung“ ist mit der jüngeren gesellschaftlichen Entwicklung des Landes eng verwoben. Militärdiktatur, Neoliberalismus und die darauf folgende Wirtschaftskrise haben die Entstehung der Gärten stark beeinflusst. Die Gartenprojekte sind Teil einer gesellschaftlichen Entwicklung, die im informellen Sektor – „jenseits“ des Staates – entstehen und basisdemokratisch nach alternativen Lebens- und Wirtschaftsformen suchen. Die Gärten mildern dabei nicht nur die materielle Not durch die Produktion von ökologischen Lebensmitteln, sondern dienen auch dazu, das eigene Lebensumfeld selber zu gestalten, die Qualität der Umwelt zu erhöhen, politischen Protest auszudrücken und soziale Netze aufzubauen.

Um dieser Vielfalt von Zielen der städtischen Gärten in Buenos Aires gerecht zu werden, stellt die Studie die wichtigsten Erscheinungsformen der urbanen Landwirtschaft exemplarisch anhand verschiedener Fälle vor. Die Spannbreite reicht dabei von Haus- und Familiengärten über Schul- und Krankenhausgärten bis hin zu Gärten von Nachbarschaftsinitiativen und Erwerbslosenorganisationen. Die vor Ort untersuchten Fallbeispiele werden einer sog. SWOT-Analyse unterzogen, das heißt hinsichtlich ihre Stärken/Chancen und Schwächen/Risiken untersucht. Die Arbeit mündet in einem Überblick über die verschiedenen Entwicklungsmöglichkeiten und Hemmnisse urbaner Gärten in Buenos Aires und enthält – auch hinsichtlich der zukünftigen Stadtentwicklung und Stadtplanung – entsprechende Handlungsempfehlungen für deren Weiterentwicklung.

Die Diplomarbeit greift mit einem qualitativ-explorativen und transdisziplinären Forschungsansatz ein ungewöhnliches und bislang wenig bearbeitetes Thema auf, das nicht nur angesichts zunehmender Verarmung und Marginalisierung ganzer Bevölkerungsschichten für die Städte des Südens von Bedeutung ist, sondern auch bei uns im Bereich der Integration von MigrantInnen immer mehr Beachtung findet (z.B. in der Bewegung der sog. „Internationalen Gärten“). Den beiden Verf. gelingt nicht nur ein guter Überblick über den Stand der internationalen Forschung, sondern auch – dank eine mehrmonatigen Aufenthalts vor Ort – eine präzise, faktenreiche und methodisch reflektierte Beschreibung und Analyse der unterschiedlichen sozialen Formen und Aspekte urbaner Landwirtschaft. Die Diplomarbeit ist mit einer spürbaren Begeisterung für den „Forschungsgegenstand“ geschrieben worden: ein gelungenes Beispiel engagierter Wissenschaft.

Kontakt: nonne@schnappfisch.de (Isabella Haidle),
Download: http://www.schnappfisch.de/nonne/download/vdhaide_urbanegaerten_lo.pdf


Inga Krämer

Verrohrte Fließgewässer bei der Umsetzung der EU-Wasserrahmenrichtlinie – mögliche Lösungen und deren ökonomische Auswirkungen im Peeneeinzugsgebiet


Diplomarbeit im Studiengang Landschaftsökologie und Naturschutz der Ernst-Moritz-Arndt-Universität Greifswald – 2005


Die Länder der Europäischen Union haben sich mit der Umsetzung der EU-Wasserrahmenrichtlinie für die nächsten zehn Jahre ehrgeizige Ziele im Bereich der Gewässerqualität gesetzt haben. Bereits heute zeichnet sich dabei ein spezieller Konflikt zwischen Gewässerschutz und landwirtschaftlicher Nutzung ab: In vielen intensiv genutzten Agrarflächen werden Fließgewässer unterirdisch „verrohrt“, um eine ungehinderte großflächige Landnutzung zu ermöglichen. Durch diese Verrohrung wird die natürliche Gewässerstruktur fast gänzlich zerstört: Die natürliche Wanderung von Fischen oder anderen im Wasser lebenden Organismen wird in dem Maße verhindert wie die aquatische Verbindungen zwischen den Ökosystemen durch die Verrohrung unterbrochen werden.

Vor allem auf den Agrarflächen in Ostdeutschland sind in der Zeit zwischen 1968 und 1981 ganze Landstriche auf diese Weise für die landwirtschaftliche Nutzung „verrohrt“ worden. Im Untersuchungsgebiet der vorliegenden Arbeit, das Penneeinzugsgebiet im östlichen Mecklenburg-Vorpommern, ist bereits ein Fünftel des gesamten Gewässernetzes von diesen Maßnahmen betroffen. Ein Großteil dieser Rohrleitungen sind inzwischen „altersschwach“ und müssten ausgewechselt werden. Hierfür fehlen den Kommunen (und den Bauern) jedoch die Mittel; staatliche Förderungen gibt es nicht mehr, da die Verrohrung nicht mehr mit der EU-Wasserrahmenrichtlinie in Einklang steht. So stellt sich die Frage, welche Alternativen es zur ständigen Ausbesserung der veralteten Rohrsysteme bzw. zur Neuverrohrung gibt. Und wie diese Alternativen ökonomisch und ökologisch und insgesamt in Bezug auf die Zielvorgaben der EU-Wasserrahmenrichtlinie zu bewerten sind.

Eine Bestandsaufnahme im Untersuchungsgebiet hat ergeben, dass nur 9 von 80 Wasserkörpern einen guten ökologischen Zustand aufweisen, wie sie die EU-Richtlinie vorsieht. Es besteht in der Region demnach akuter Handlungsbedarf. Von der Autorin wurden – neben der Erhebung des Status quo – drei Szenarien entwickelt, die in der Arbeit bewertet werden: 1) Neuverrohrung, 2) Offenlegung des Gewässerverlaufs durch gerade verlaufende Gräben, 3) Offenlegung des Gewässerverlaufs durch den Bau eines naturnahen Fließgewässers („Bach“) mit entsprechender Auenvegetation. Im Zentrum der Arbeit steht ein Kostenvergleich dieser drei Szenarien, wobei sowohl die direkten Maßnahmenkosten als auch die indirekten Kosten in Folge der Nutzungseinschränkungen der Landwirtschaft berücksichtigt wurden.

Die Arbeit kommt zu klaren Ergebnissen: Die Neuverrohrung ist – abgesehen von der ökologischen Problematik – auch unter ökonomischen Gesichtspunkten die teuerste Variante und scheidet daher aus. Bleibt die Offenlegung der Gewässer als Graben oder Bach. Der Graben ist die ökonomisch günstigste Lösung. Allerdings ist der Unterschied zwischen Bach und Graben nicht so groß, wie man erwarten könnte. Die naturnahe Gestaltung eines Gewässers würde nur etwa 33 € pro Meter mehr kosten als die ökologisch kaum wertvolle Grabenherstellung. Ferner spricht für die Bachlösung, dass nur sie der neuen Wasserrichtlinie entsprechen würde.

Auch für die Landwirtschaft wäre die Bachlösung durchaus attraktiv, da die neu hinzukommenden Uferflächen zwar für die Nutzung wegfielen, aber als Landschaftsstrukturelemente mit in die Flächenförderung einbezogen werden könnten. Damit gäbe es auch für die Landwirtschaft einen finanziellen Anreiz für die naturnahe Offenlegung der verrohrten Gewässer.

Die Arbeit greift ein aktuelles und drängendes Problem für viele landwirtschaftliche Flächen v.a. in Ostdeutschland auf. Sie geht argumentativ sorgsam und umsichtig vor. Die Studie zeichnet sich durch eine hohe Praxisrelevanz aus. Die Ergebnisse sind auch auf andere Gewässerabschnitte und Regionen übertragbar. Die in der Diplomarbeit durchgeführten Berechnungen können unmittelbar in die anstehenden Investitionsentscheidungen der Kommunen und Länder einfließen.

Auch unter ökonomischen Aspekten erweist sich die vom Naturschutz her zu favorisierende Bachlösung als durchaus tragbar, sowohl für die Kommunen als auch für die betroffenen Landwirte. Vor dem Hintergrund der neuen EU-Wasserrahmenrichtlinie ist diese Variante zudem die einzig sinnvolle und politisch wünschenswerte. Dies mit genauen Berechnungen belegt zu haben, ist das Verdienst dieser Untersuchung, die damit zu einer Versachlichung dieser zum Teil hoch emotional geführten Debatte beitragen kann. Die Studie zeigt auf, dass das ökologisch Wünschenswerte auch ökonomisch das Sinnvolle ist.

Kontakt: ingakraemer@hotmail.com

 

Till Töpfer

Energetische Verwertbarkeit von Nadeln eingebürgerter Koniferenarten als Winternahrung des Auerhuhns (Tetrao urogallus)


Diplomarbeit in Studiengang Biologie an der Technischen Universität Dresden, angefertigt an der Max-Planck-Forschungsstelle für Ornithologie, Vogelwarte Radolfzell – 2003


Das Auerhuhn ist in unseren Breiten stark gefährdet. Die Diplomarbeit geht der Frage nach, ob die im Zuge der Intensivierung der Forstwirtschaft forcierte Einführung exotischer Arten wie Douglasie, Coloradotanne oder Sitkafichte mitverantwortlich ist für diese Bestandsgefährdung. Denn die Winternahrung des Auerhuhns besteht fast ausschließlich aus Koniferennadeln. Weil diese schwer verdauliche Nahrung tief greifende jahreszeitliche physiologische und morphologische Umstellungen erfordert, wurde häufig die Qualität der Winternahrung als eine mögliche Rückgangsursache der stark bestandsgefährdeten Vogelart diskutiert.

Da lange Zeit systematisch erhobene Daten über die Physiologie und Energetik der Winterernährung fehlten, führte die Vogelwarte Radolfzell ein mehrjähriges Forschungsprojekt durch, innerhalb dessen der Diplomand die Verdaulichkeit eingebürgerter Koniferenarten untersuchte. Hierfür standen keine Wildtiere zur Verfügung, sondern Zuchtvögel der Vogelstation. Dies beeinflusste zwar die Ergebnisse, da Zuchttiere gegenüber Wildtieren eine veränderte Physiologie und Darmmorphologie aufweisen. Man kann jedoch davon ausgehen, dass die Futterverwertungsfähigkeiten der Wildtiere größer sind als die der Zuchttiere. Sollte die Herkunft des Winterfutters Auswirkungen auf die Verdauungsleistung haben, so wäre diese bei Zuchttiere eher erkennbar als bei Wildtieren.

Um die energetische Verwertbarkeit von Nadeln eingebürgerter Baumarten zu ermitteln, wurden auf der Vogelwarte Radolfzell entsprechende Fütterungsversuche mit Volierenvögeln durchgeführt. Dabei wurden die verzehrten Nadelmengen und die Gewichtsentwicklung der Vögel registriert, der Kot wurde vollständig gesammelt. Aus dem Verzehr und der korrespondierenden Kotmenge wurde der Anteil der umsetzbaren Energie an der Nahrung berechnet und damit die Verdauungseffizienz der Winternahrung beim Auerhuhn ermittelt.

Die Ergebnisse der Untersuchung sind eindeutig: Die exotischen Nadelbaumarten sind hinsichtlich ihrer energetischen Verwertbarkeit als Winterfutter kein bestandsgefährdender Faktor für das Auerhuhn. Die Arbeit klärt damit eine bislang strittige Frage, die für den Bestandsschutz des Auerhuhns möglicherweise von großer Bedeutung gewesen wäre.

Der Verf. macht jedoch zugleich darauf aufmerksam, dass aus diesem Untersuchungsergebnis nicht der Schluss gezogen werden dürfe, dass von diesen nichteinheimischen Baumarten generell keine Gefahr für das Auerhuhn ausgehe. Diese Gefährdung geht eher von den Habitatveränderungen aus, die mit der Anpflanzung nichteinheimischer Nadelbaumarten in der Regel verbunden sind, vor allem dann, wenn sie Kieferbestände verdrängen. Hohe Baumdichten, schlecht anfliegbare Baumkronen, Verdunklung des Waldbodens und dadurch Rückgang der Bodenvegetation – all diese strukturellen Abwertungen der Habitate, die mit den Neuanpflanzungen und der intensiven fortwirtschaftlichen Nutzung der Wälder verbunden sind, beeinträchtige die Tiere mehr als die Verwertbarkeit ihrer Nadeln als Winternahrung. Diese Habitatveränderungen werden jedoch auch durch die Zunahme zuwachsstarker und altersgleicher Fichtenbestände hervorgerufen und sind insofern nicht auf die Verbreitung exotische Baumarten beschränkt. Es ist ein besonderes Verdienst der Diplomarbeit, dass sie neben ihrer eingegrenzten Fragestellung den Blick auch auf die übergeordnete Problematik lenkt, wie sich die zunehmende Intensivierung der Forstwirtschaft auf die Habitate des Auerhuhns auswirkt.

Die Arbeit besticht durch die klare und abgegrenzte Problemstellung, den Versuchsaufbau sowie die Eindeutigkeit des Ergebnisses. Die Studie ist wohltuend „schnörkellos“ und vom Umfang her entsprechend kurz geraten. Ein lange Zeit umstrittenes Problem von hoher naturschutzfachlicher und forstlicher Bedeutung konnte aufgeklärt werden.

Kontakt: till.toepfer@web.de


Ihr Ansprechpartner für Rückfragen:
Claus Obermeier, Vorstandsvorsitzender
Email info@umweltstiftung.com
Tel. 089/54212142
Fax 089/52389335

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